Streetwork für Frauen auf dem Straßenstrich


Ein Gastbeitrag von Laura Köster

Hallo ihr Lieben, 

mein Name ist Laura und ich studiere im 6. Semester soziale Arbeit und Diakoniewissenschaften.

Ich arbeite ehrenamtlich bei der Aidshilfe in Bielefeld. Die Aidshilfe ist im Ehlentruperweg und ist eine Beratungsstelle, die viele verschiedene Angebote bietet, wie zum Beispiel, Selbsthilfegruppen für Menschen mit Aids oder für Männer, die Sex mit Männern haben. Jeder Mensch kann sich zum Thema Sex oder Sexualität in der Aidshilfe beraten lassen.

Ich bin bei der Aidshilfe als Streetworkerin tätig und unser Projekt richtet sich an Frauen, die auf dem Strich anschaffen gehen. Dieses tun die Frauen aus sehr unterschiedlichen Gründen. Zum Beispiel aus dem Grund, dass sie drogenabhängig sind oder aus dem Aspekt der Armut. Frauen, welche in der Armutsprostitution tätig sind, kommen häufig aus den ost- und südosteuropäischen Ländern. Sie kommen in Deutschland rechtlich gesehen nicht sofort in den Leistungsbezug und müssen hier in Deutschland zunächst ihr Überleben sicherstellen.  

Im Team sind wir sieben Mitarbeiterinnen und alles Sozialarbeiterinnen. Wir suchen in der Regel die Frauen fünf Mal pro Woche auf in der Zeit von 19:00 Uhr bis um 00:00 Uhr. Unsere Einsätze finden in einem VW Bulli statt, der Bulli dient in diesem Fall als Schutz- und Rückzugsort. Dort versorgen wir die Frauen mit Getränke, wie Kaffee, Wasser oder Tee.

Die Frauen auf dem Straßenstrich suchen Beratung zu Fragen der Gesundheit, insbesondere zu Infektions- und Schutzmöglichkeiten bezüglich HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten. Wir verteilen den Frauen Kondome und Gleitgel (Safer Sex). Da HIV nicht nur beim Sex übertragen werden kann, verteilen wir den Frauen auch sauberes Besteck für den Konsum von Heroin.

Die Streetworkerinnen unterstützen die Frauen bei der Aufarbeitung von Gewalterfahrungen und bei der Anzeige von Vergewaltigungen, Misshandlungen und Überfällen. Des Weiteren werden die Frauen auch zu anderen Themen beraten, wie Obdachlosigkeit, Beziehungsproblemen, Erziehungsfragen sowie bei sozial- und ausländerrechtlichen Fragen. Die Sexarbeiterinnen erfahren durch die Streetworkerinnen Unterstützung in akuten Krisen, zum Beispiel bei psychotischen Schüben, Suizidgefahr und bei akuten gesundheitlichen Problemen.

Das Angebot der aufsuchenden Sozialarbeit dient der Gesundheitsförderung, der Überlebenshilfe und der Gewaltprävention. Wir arbeiten sehr lebensweltorientiert und niedrigschwellig. Die Frauen nennen uns häufig nicht ihren richtigen Namen, sondern verwenden für die Sexarbeit einen sogenannten Alias Namen, damit die Anonymität gewährleistet ist.

Beziehungsarbeit ist auf der Straße sehr wichtig, damit wir einen Zugang zu den Frauen gewinnen können. Die Frauen erzählen viel aus ihrem privaten Leben und vor allem erzählen sie über ihre Arbeit. Oftmals sind wir Streetworkerinnen die einzigen Bezugspersonen, mit den die Frauen über ihre Arbeit sprechen können. Es sind oftmals sehr intime Fragen zum Thema Sex oder Sexualität, das heißt für die Streetworkerinnen, dass sie offen sind für Fragen, die sich rund um das Thema Sex und Sexualität drehen. 

Die Sozialarbeit bietet ein vielseitiges Arbeitsfeld. Ich habe mich für dieses Arbeitsfeld entschieden, weil ich die Arbeit als sehr wichtig und bedeutend empfinde. Ich habe mich sehr für die Arbeit mit Randgruppen interessiert und empfand die Gesellschaft immer schon als egoistisch und ignorant. Ich möchte diesem Bild entgegenwirken und habe meine ganz eigene Erfahrung mit Menschen gemacht, die am Rande der Gesellschaft leben. Ich arbeite einmal im Monat im Gefängnis und biete ein Freizeitangebot für inhaftierte Straftäter an. Meine hauptamtliche Tätigkeit ist im Sozialdienst, in einer Notunterkunft für obdachlose Menschen. Ich will mir ein eigenes Bild über Straftäter machen und möchte Menschen mit Würde begegnen. Diese Menschen erfahren extrem viel Ausgrenzung und Trennungen in ihrem Leben. Mir ist es wichtig, diese Menschen in ihrem Sozialraum, sprich Gefängnis oder Straßenstrich, aufzusuchen.

Viele Menschen wissen zunächst gar nicht, dass das ein Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit ist. Als ich mein Studium angefangen habe, wusste ich auch nicht, dass dies ein möglicher Arbeitsbereich ist. Viele verbinden Sozialarbeiter*innen häufig mit dem Arbeitsfeld der Jugendarbeit oder beim Jugendamt.

Ich habe mich immer schon für die Arbeit mit drogenabhängigen oder obdachlosen Menschen sehr interessiert und mir liegen diese Menschen sehr am Herzen. Für mich ist diese Arbeit eine sehr politische Arbeit und ich merke immer wieder, wie hochpolitisch wir in der Sozialen Arbeit tätig sind. Viele Menschen wissen gar nicht, dass es unser Projekt gibt und wir die Frauen unterstützen. Es fällt in der Gesellschaft nicht auf, doch es würde in der Gesellschaft auffallen, wenn es uns nicht geben würde. Denn es würden sehr viel mehr Menschen an HIV oder Aids erkranken. Unter anderem würden sich sexuell übertragbare Krankheiten viel mehr verbreiten. In Deutschland gibt es viele Menschen, die an dem jahrelangen Konsum von Drogen sterben. Wir sind vor Ort und sichern ein Teil des Überlebens dieser Menschen, indem wir sie über den Konsum von Drogen aufklären. Wir haben ein sehr großes Netzwerk und vermitteln an sehr viele Beratungsstellen. Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass die Drogenszene ein Ort der Kriminalität und Gewalt ist. Weder Politik noch die Polizei haben die Chance der Drogenszene entgegenzuwirken. Daher ist es wichtig, dass dort Streetworker arbeiten und einen Überblick über die Szene haben. Es ist wichtig, dass die Menschen jemanden haben, mit dem sie sprechen können.

Ich finde es wichtig, dass man sich für die Menschen einsetzt und finde es sehr schade, dass im Studium der Sozialen Arbeit hauptsächlich viel zum Arbeitsbereich Kinder und Jugendliche gelehrt wird. Ich würde mir wünschen, dass ich durch mein Studium zu diesen Arbeitsbereichen auch etwas lernen würde. Denn die Arbeit mit obdachlosen und drogenabhängigen Menschen ist nach meinem Empfinden oftmals außen vor.


Bei Fragen oder Anregungen könnt ihr euch gerne melden, ich beantworte euch gerne alle Fragen!


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Ihr erreicht Laura unter laura.koester@online.de 

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